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Familienforschung
Heinz Howaldt [hh2]


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Meine Ahnentafel
Emma Heesch
Alwine Howaldt
Anekdoten
von Arnswaldt
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Das gesamte 98-seitige Dokument von Dr.Heinz Howaldt ist hier in 7 Abschnitte geteilt und enthält eindrucksvolle Beschreibungen über das Wirken und die Lebensweise unserer Vorfahren Bammel, Diederichsen und Howaldt.

 

Emma Heesch, geb.Howaldt
Emma Heesch, geb.Howaldt


 


Familienforschung Heinz Howaldt

 

(Der Brief ist von Emma Heesch geb. Howaldt. Er liegt auch in einer anderen Abschrift vor, diese habe ich von Annliese Kunstreich bekommen.
Die kursiv in Klammern eingefügten Erläuterungen sind von mir. Peter Jirjahlke)

Emma Heesch an Heinz Howaldt


Februar 1919

Mein lieber Heinz,
Halte mich vorerst an Deine gestellten Fragen: Was ich über meine Großeltern Diederichsen weiß und was von meinen Urgroßeltern? Letztere habe ich nicht gekannt, nur von der Urgroßmutter einiges gehört. Beide sind auf dem St.Jürgens Kirchhof beerdigt, wo auch mein Großvater Andreas Ludwig begraben ist. Meine Urgroßmutter hatte bei ihrem Ableben 104 leibliche Nachkommen, wovon Max und ich die letzten waren. Für mich soll sie sich sehr interessiert haben. Ich ward mit zwei Zähnen geboren, die mir ausgezogen werden mussten der Ernährung wegen; nun soll sie häufig gesagt haben: Ik much doch wohl weten, ob de lütt Emma ehr Tän weder kriegt. Das hat sie nicht mehr erfahren. Ich war 11 Jahre, bevor ich sie bekam und konnte bis dahin die Zischlaute nicht ordentlich aussprechen. Sie soll eine sehr resolute Person gewesen sein, was ja bei einem Landbesitz wohl auch nötig war. Wie groß der Besitz gewesen ist, weiß ich nicht. In dem Hause war ich später häufig. Es liegt oder lag mitten im Dorfgarten, war einstöckig, einfach aber doch behaglich. Es lagen Scheunen und Ställe um den Hof. Der jüngste Sohn von ihr, Onkel Dietsch genannt, hat auch nach ihrem Tode lange dort gewohnt und hat allmählich den Besitz verkauft. Sein Geburtstag war am 25. Juli und da hatte er stets die Familie und den nächsten Bekanntenkreis zu Erdbeeren und Rahm geladen. Ich war als junges Mädchen auch mal mit und war es für mich natürlich eine große Freude, denn so reichlich und gut war alles. Ein Garten mit Bäumen und einem kleinen Berg war rechts vom Eingang, das Haus stand links. Onkel Dietsch hat bei meinem Ottsch Patenstelle übernommen, der war gerade an seinem 70sten Geburtstag geboren. Das hat dem Alten Spaß gemacht, und bedauerte er schriftlich, dass er zu alt sei, um die Reise nach Petersburg zu unternehmen. Wie wir einige Jahre später nach Kiel zurückkehrten, ist er häufiger mal bei uns gewesen und hat sich nach seinem Path umgesehen, ihm auch zum Studium ein Sümmchen ausgesetzt. Er war auch mit Vater befreundet und kam häufiger zu uns, hatte für verschiedene Familienmitglieder, die verheiratet waren, milde Stiftungen ausgesetzt, die leider durch Veruntreuung des Notars (Notar Meyer) allmählich hinfällig wurden. Von der Urgroßmutter Diederichsen ist in meinem Besitz noch ein Fächer, der leider schon defekt war, wie ich ihn von meiner Mutter bekam. Den und einige andere alte Familienstücke habe ich als junges Mädchen mir von der Mutter erbettelt, und stets wie ein Heiligtum seitdem behütet, hatte schon vor, sie ins Taulowmuseum zu geben, möchte sie aber nun Dir, lieber Heinz, da ich weiß, dass Du vielleicht ebenso viel Freude daran hast wie ich. Von meiner Großmutter Ingeborg habe ich auch einiges. Wenn Du mal Ferien hast, dann komme nur und hole es Dir. Meine liebe Großmutter ist leider viel zu früh gestorben, ich habe die schönsten Kindertage bei ihr verlebt. Sie starb in Altona bei Andersens bei der dritten Tochter Petra, zu der sie zu Besuch mit Tante Minna reiste. Sie ist auch dort beerdigt. Nun genug für heut, hoffentlich bald mehr.

* * *

Meine Großeltern Diederichsen hatten einen Besitz in der Nähe der Wilhelminenhöhe, die wohl auch verschwunden ist. Es hieß der Sandkrug und bestand aus einem herrlichen früchtereichen Garten mit drei Wohnhäusern, und verschiedenen anderen Bauten. Was darin geschah oder gearbeitet wurde, weiß ich, ob Großvater einen Schiffbaubetrieb gehabt hat, ist mir unbekannt. Der Besitz ging von der Landstraße, die durchs Dorf nach Ellerbeck usw. führte bis ans Wasser und der Weg bis ans Wasser ging bergab. Es soll eine Zeit lang eine Tranbrennerei gewesen sein, vorübergehend, so lange die Grönlandfahrer verkehrten, später vorübergehend Glasfabrik. Ich erinnere nichts davon. Unten am Strande waren Badekarren, die auch viel benutzt wurden, teils von den Einwohnern, und täglich kamen von ... Wagen mit Leuten, die baden wollten. Hinter dem Strand dehnten sich herrliche Wiesen, bevölkert von Schafen und Lämmern, auch hatte Onkel Jakob eine Taubeninsel angelegt, denn Taubenzucht pflegten sie besonders, auch Großmutter. Dahinter kam dann der herrliche Garten mit den prachtvollen Gravensteiner Apfelbäumen, und wo kein Schatten, auch Spargel- und Gemüsebeete. Am Ende des Gartens waren wundervolle Walnussbäume, um jedes der Häuser ein Stück Garten, aber nicht eingezäunt, so dass es ein Großes Ganzes bildete. In dem alten Hause wohnten die Großeltern. Es war viel Platz darin und oben die Etage häufigen vermietet. Onkel Jakob, der während des Krieges 48/52 als Maschinenmeister auf dem ... war, hatte seine Stuben auch da unten, rechts vom Eingang, links Großvaters Schlaf- und Wohnzimmer, dann Treppe nach oben, dann Großmutters Wohnstube, wo auch vereint die Mahlzeiten eingenommen wurden, daran ihr Schlafzimmer mit Tante Minna, daran Küche und Austritt nach dem Hof, wo auch die Pumpe war. Wie alle Kinder noch daheim waren, ist es wohl ganz besetzt gewesen, denn ich erinnere noch drei Brüder von Mutter und drei Schwestern, also sieben am Leben; Zwei Brüder, meine ich, sind auf See umgekommen, doch weiß ich das nicht bestimmt. Die Älteste Tante war Tante Auguste Kretschmar, der Onkel mein liebster bester. Es war ein prachtvoller Kinderarzt, nahm uns, seine Tochter und mich mit auf Praxis, lehrte uns die Sternbilder und Botanik und so vielerlei. Mutter war die zweite Tochter, dann Tante Petra Anderson und Tante Minna. Die Brüder waren Onkel Emil, Jakob und Konrad, ich glaube, Onkel Konrad war der jüngste. Onkel Emil fuhr mit meinem Vater auf der "Löwen", das täglich Verbindung mit Kopenhagen hatte. So ist Vater wohl auch durch ihn auch nach dem Sandkrug gekommen und hat Mutter kennengelernt. Mutter sollte als erwachsene Nichte zum Besuch der Tante Kathinka Kölle nach Hannover, und Vater wollte seinen Vater und Schwester in Braunschweig besuchen, da bat Großmutter Vater, ihre Tochter zu beschützen. So reisten sie also ab und verlobten sich in der Lüneburger Heide. Dann trennten sich die Wege, da Mutter ja nach Hannover, wie lange die Reise unterwegs dauerte, weiß ich nicht, es ging ja noch alles zu Wagen. Die haben uns die Eltern noch einmal erzählt. Es mag im Jahre 1834-35 gewesen sein. Wie lange Vater noch gefahren ist, weiß ich nicht. Die Eltern haben am 17ten September 1837 geheiratet, sind in Elmschenhagen in der Kirche getraut. Die erste Wohnung soll der Markt in Kiel gewesen sein, wo Vater sich einige Räume gemietet hatte, um maschinelle Sachen mit Handmaschinen anfertigen zu können. Ich glaube, er hatte einige Hilfsarbeiter, die Sache glückte, und er brauchte bald mehr Raum, dann sind die Eltern nach dem Sophienblatt gezogen in eine Parterrewohnung. Die Lehrlinge wurden mit beköstigt und bald hatte Vater eine Schmiede auf dem späteren Fabrikplatz am Hafen. Immer größer waren die Betriebe geworden und hatte Herr Schweffel senior sich mit Vater zusammengetan. Er gab das Geld und Vater sein Wissen und Können und seine Arbeit. 1838 ward die Firma Schweffel&Howaldt gegründet. Dann kaufte Vater bald das Haus an der Klinke, in der wir so lange ich denken kann gewohnt haben. Es lag dem Hotel Germania gegenüber. Früher wohnten Klemms dort und unten war die Spar- und Leihkasse.
Da Vater sehr beschäftigt war, so konnte er nur über einen Hof schräg hinübergehen und war dort im Geschäft. Eine Maschinenwerkstätten eine Formerei und Gießerei, große Modellböden, Zeichenzimmer und Kontorräume waren vorhanden und alles war voll in Tätigkeit. Der Sohn von Herrn Schweffel lernte bei Vater und die Bestellungen häuften sich. Vater fuhr zur landwirtschaftlichen Ausstellung in Hannover. Wir hatten auch in Kiel damals eine hübsche Ausstellung damals im Schloßgarten. Auch in London zur ersten Ausstellung (Industrie) so kamen immer neue Anforderungen. Vater war Stadtverordneter und leitete als erster die Freiwillige Feuerwehr. Unter seinen Freunden erster Mann an "de Sprütt". Viel mußte er auch auf die großen Güter, wenn die Ablieferungen der maschinellen Einrichtungen waren. Die meisten Grabkreuze auf dem alten Kirchhof stammen von Vater, und sein alter Vater, der seit Jahren schon bei uns wohnte, und auf seinen Wunsch sich mit den messingenen Buchstaben zu gießen und polieren abgab. Der gute Großvater David Ferdinand kam von Braunschweig und ist auch bei uns gestorben. Er war ein prächtiger alter Herr, der sich über uns freute, und mit uns auf die Jahrmärkte ging. Ihn amüsierten unsere Tanzstunden, und wenn er uns etwas von unserem Spielzeug heilmachen konnte, tat er es. Wie 1847 meine beiden kleineren Schwestern beide in 8 Tagen starben, hat er mit uns um sie getrauert. Er starb an einem Schlaganfall, als er gar nicht zur gewöhnlichen Zeit herunterkam, sah man nach und war er beim Abnehmen seines Rockes umgefallen. Ob es im Jahre 1851 oder 53 war (er starb am 5.11.1850), weiß ich nicht genau. Vater hatte für die kleinen Schwestern gleich eine Familiengrabstätte gekauft, wo auch mein erstes Brüderchen (August Ferdinand, *Kiel 15.7.1838, * das. 7.8.1838) überführt wurde; dort ist er auch beerdigt. - Großvater hat in Braunschweig als Goldschmied gearbeitet. Ob er einen Laden gehabt hat, weiß ich nicht. Die Großmutter ist früh gestorben (Dorothea Friederike Christiane geb. Zwicker, *Braunschweig 19.5.1767, * das. 30.6.1823), soll neun Jahre blind gewesen sein. Es waren vier Geschwister von Vater, Tante Betty, die älteste, hat für den Hausstand und die Brüder gesorgt. Nach dem Alter war Onkel Georg, dann der Onkel Hermann, der in Augsburg gelebt hat, auch Goldschmied gewesen ist, und mein Vater der Jüngste. Mit dem Onkel Hermann ( Hermann Heinrich *Braunschweig 4.7.1804, +Augsburg 11.12.1856, verm., keine Kinder) standen wir nicht in Verbindung, er war nie bei uns und Vater nie dort. Das Reisen war ja früher nicht so leicht, und der Onkel war früh gestorben, war verheiratet und ohne Kinder. Tante Betty (Elisabeth Dorothea, * Braunschweig 10.7.1800, +das. 29.10.1864, unvermählt) ist, glaube ich, mit Großvater zu uns gekommen, doch kam sie dann zu ihrem Bruder Georg, dessen Frau plötzlich gestorben, und hat ihm den Haushalt geführt und für ihn und die Kinder gesorgt. Später in ein Stift, wo sie auch gestorben ist. - Unser lieber Onkel Georg war häufiger bei uns in Kiel; auch er hatte das Goldschmiedeamt gelernt, soll sein Meisterstück, einen künstlerischen Pokal aus Silber, gemacht haben, der leider später wieder eingeschmolzen ist und so das Kunstwerk vernichtet ist. Er war in Nürnberg ansässig, aber wohl durch und durch ein Künstler. Als von Braunschweig eine Aufforderung zur Meldung zur einer Professur der Johanneums war und eine Zusendung von selbst geschaffenen Kunstwerken gebeten war, sendete Onkel eine kleine Statue von Peter Vischer, die er gemacht hatte, hin und war als Lehrer gewählt. Dort in seiner Vaterstadt hat er viel Schönes geschaffen, dies alles weiß Deine Mutter Dir vielleicht noch besser zu sagen. Ich war im Jahre 1857 Ende Juli bis Weihnacht in seinem Hause vorm Steintor und habe meinen lieben Onkel sehr geliebt. "Bist mein lieber Kerl" pflegte er zu sagen und da mußte ich ihm meine Hand geben und neben ihm sitzen. In Braunschweig ist er hochgeehrt und verehrt gestorben. Ein Howaldt-Zimmer soll im Museum dort sein. Sein 80ter Geburtstag ist damals festlich begangen. Er war immer so unendlich bescheiden. Als er einst gefragt wurde, was sind sie eigentlich? Da antwortete er "Kupferschmied" ein bißchen Künstler nebenbei. Mit Rietschler (Rietschel) war er sehr befreundet, und als der zu ihm kam, das erste Pferd der Quadriga zu besichtigen, soll er Onkel um den Hals gefallen sein und gesagt: "Howaldt, was haben Sie aus meinem Werk gemacht?" Im Konversationslexikon ist Onkel auch erwähnt.- Jetzt leben nur noch Enkel von ihm. In dem Hause an der Klinke haben wir bis 1858 gewohnt, doch hatte Vater das Grundstück sehr vergrößert durch Aufschüttung der Pferdebahn und hatten wir dadurch einen reizenden Garten mit drei Lauben. An der Planke waren Pfirsich- und Aprikosenspalier, und baute Vater ein hübsches Gartenhaus. Unten bei unserm Hause war ein kleiner Hof mit Hühnerstall, dann ging es in eine geräumige Waschküche, von vorne die Haustüre, links davon ein Zimmer, wo Großvater arbeitete und rechts sollte eine Gartenstube sein mit Treppe nach dem Garten. Oben ein Fremdenzimmer und ein großer Trockenplatz. Leider ward es anders als es geplant ward. Eines Abends brach Feuer im Kontor aus und brannte dort alles aus, nur Bücher und Geldkiste ward gerettet, die Eltern schleppten beide, was sie tragen konnten; dann ward es Kontor und Modellboden. Die Räume im Geschäft wurden wieder ausgebaut, und wie Vater das Gewese in der Stadt verkaufte dort wieder eingerichtet und blieb auch später bis das Werk an die Brüder überging, so lange wie die Fabrik noch an dem Platze blieb.- Durch Ankauf am Kleinen Kiel ward die Giesserei und Formerei, Emailierfabrik und Koksöfen dahin verlegt und dann begann Vater den Bau des Wohnhauses auf dem daneben liegenden Grundstück. Im Jahre 1857; und zogen wir im Frühjahr 1858 dort ein. Am 27ten September glaube ich gaben die Eltern ein Fest, wo der alte Herr Schweffel zugegen war mit seiner Familie, wo Vater dem alten Herrn dankte, dass er ihm so geholfen hätte und sie sich auf das zwanzigjährige Zusammenarbeiten noch sich erinnerten. - Es war ein fröhliches und erhebendes Beisammensein. Ich war damals schon verlobt und mein Bräutigam auch schon Inspektor der Gasanstalt. 1859 heirateten wir.- Das neue Haus war sehr groß und geräumig und behaglich eingerichtet, unten aber nicht sehr bequem. Die Eltern haben darin gewohnt, bis sie es an die Kanalkommission verkauften und sich auf Neumühlen sich das Altenteil einrichteten. Dort ist Vater 1883 gestorben, nachdem er länger kränklich war. Früher reisten meine Eltern zur Erholung einige Jahre nach Bad Wildungen, dann mal nach Italien und die letzten Jahre nach Ems, wo sie so ziemlich Stammgäste waren. Dass Vater als Stadtverordneter vieles leistete, ist wohl anerkannt, doch war er gegen den Bau der Gasanstalt in der Stadt und wollte es in der Wik haben. Auch als die Wasseranlage gebaut, wollte Vater das Wasser aus dem Schulensee haben, da die Stadt schon solche Ausbreitung hatte. Man hörte nicht auf ihn und so trat er aus. - Schön waren unsere Silvesterabende in meinem Elternhaus, die Familie sammelte sich bei und zum Karpfenschmause und Pförten. Ein guter Punsch wurde gebraut und alt und jung war fröhlich. Mutter behauptete immer, von 11 bis 12 habe sie das Regiment und gab dann immer allerlei an. Harmlos fröhlich begannen wir das Neue Jahr, welch ein Unterschied mit jetzt. - Gebe Gott unserem Vaterland bald bessere und ruhigere Zeiten.



"Das Original (ein Durchschlag des Originals von Heinz Howaldt) befindet sich (im Jahr 2003) im Besitz von Anneliese von Bonin, München" (Brigitte Hartel)

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Letzte Änderung: 6.12.04